Zusammenfassung/Besonderheiten

Bei dem Gemälde handelt es sich laut Berhaut um eine Studie (frz. étude), die gemeinsam mit zwei weiteren Arbeiten gleichen Motivs der Vorbereitung des großformatigen Gemäldes Regatta bei Argenteuil von 1893 diente [Berhaut 1994, S. 245- 247]. Der Bildträger, den Caillebotte hierfür nutzte, ist jedoch keineswegs von Studienqualität, sondern ein besonders helles, feines und dichtes Gewebe von hoher Güte im Standardformat F 15. Erstanden hat Caillebotte den gebrochen weiß vorgrundierten und fertig aufgespannten Bildträger bei seinem Malutensilienhändler Dubus in Paris, dessen Name und Anschrift auf der Geweberückseite vermerkt ist [vgl. Caillebotte WRM Dep. 828, WRM Dep. FC 727, WRM Dep. FC 689, WRM Dep. FC 561] (Abb. 2). Diese Art von Händlermarken wird fälschlicherweise häufig als Stempel bezeichnet, wobei es sich eindeutig um Schablonierungen handelt, wie das vorliegende Beispiel besonders eindrücklich durch die Markierung der Schablonenkanten zeigt. Der Bildträger weist noch eine weitere Besonderheit auf: rückseitig finden sich Reste einer originalen losen Hinterspannung des Gewebes mit Papier, so wie sie vereinzelt noch an weiteren Gemälden Caillebottes erhalten ist [Lewerentz 2008, S. 275] (Abb.8). Aufgrund der wenigen Beispiele sowie fehlender Informationen in Händlerkatalogen und Künstlerkorrespondenzen bleibt über die Beweggründe solcher Papierhinterspannungen bislang nur zu spekulieren, doch könnte es sich durchaus um eine frühe präventive Schutzmaßnahme für das Gewebe handeln. Die erste planerische Anlage der Darstellung erfolgte in zwei Stadien, zunächst mit Kohlestift und anschließend mit wenigen Pinselstrichen in rotbrauner bis schwarzer Farbe [vgl. Caillebotte WRM Dep. 828, WRM Dep. FC 706, WRM Dep. 447, WRM Dep. FC 561] (Abb. 10). Für eines der anderen zeitgleich entstandenen Segelboot-Gemälde existiert eine quadrierte Bleistiftzeichnung, die dem Künstler offensichtlich als Vorlage diente [Berhaut 1994, Kat. Nr. 471, S. 246; Chardeau 1989, S. 98]. Das Kölner Gemälde gibt jedoch in der Unterzeichnung keinerlei Hinweis auf den Gebrauch einer ähnlich gearteten Vorlage. Vielmehr existiert an der Bildunterkante der – heute retuschierte – Abdruck von der Halterung einer Feldstaffelei, der auf eine Entstehung des Bildes vor dem Motiv in der Natur hindeutet [vgl. Caillebotte WRM Dep. 828, WRM Dep. FC 727, WRM Dep. FC 561, WRM Dep. FC 689] (Abb. 5). Die Malerei erfolgte vermutlich in ein bis zwei Arbeitssitzungen. Nachdem die einzelnen Bereiche der Darstellung mit Lasuren im Lokalton vorgelegt waren, folgte die Ausarbeitung vornehmlich nass in nass mit zügigen Pinselstrichen. Vereinzelt kam auch ein ritzendes Instrument zum Einsatz, vermutlich der Pinselstiel, mit dem akzentuierte Strukturen in die noch feuchte Farbe gesetzt wurden (Abb. 11). Signiert wurde das Gemälde erst nachträglich auf der bereits vollständig getrockneten Farbschicht (Abb. 7). Der mit Spitzpinsel und Tinte oder Tusche ausgeführte Schriftzug entspricht nicht eindeutig der Handschrift Caillebottes und könnte auch posthum von fremder Hand aufgebracht worden sein. Berhaut vermutet, dass Caillebottes Bruder Martial oder sein Testamentsvollstrecker August Renoir diese Art von Signaturen nachträglich aufgebracht haben [Berhaut 1994, S. 60, vgl. Caillebotte WRM Dep. FC 689, WRM Dep. FC 727, WRM Dep. 828].

Gustave Caillebotte
Segelboot auf der Seine bei Argenteuil, 1893, Öl auf text. Träger, 65,3 x 54,5 cm, WRM Dep. 622

Gustave Caillebotte

geb. 19. August 1848 in Paris,
gest. 21. Februar 1894 in Gennevilliers

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Weitere Abbildungen:

Abb. 02

Rückseite mit Detail der Dubus-Händlermarke, an dessen Seiten die Kanten der verwendeten Schablone abzulesen sind


Abb. 03

Streiflicht


Abb. 04

Durchlicht


Abb. 05

UV-Fluoreszenz-Aufnahme


Abb. 06

Röntgenaufnahme


Abb. 07

Details der Signatur, oben; Mikroskopaufnahmen (M = 1 mm)


Abb. 08

Detail Rückseite, Reste einer originalen, losen Papierhinterspannung des Händlers Dubus (mit weißen Pfeilen markiert); darunter ein Beispiel einer solchen noch erhaltenen Papierhinterspannung samt Händlermarke am Gemälde von Gustave Caillebotte, Segelboot auf der Seine, Studie zu Regatta bei Argenteuil, 1893, Privatbesitz [Berhaut 1994, Kat. Nr. 468]


Abb. 09

Details der Umspannkante mit Löchern einer ersten möglichen Hilfsaufspannung (oben links) und der Markierung des zweischichtigen Grundierungsaufbaus entlang des Grundierrandes (oben rechts, Mikroskopaufnahme, M = 1 mm)


Abb. 10

Zweistufige Unterzeichnung, zunächst vermutlich mit Kohlestift (oben, weiße Pfeile markieren die erhaltenen Kohlepartikel) und danach mit Pinsel und Farbe (unten), Mikroskopaufnahmen
(M = 1 mm)


Abb. 11

Detail des Seglers im Auflicht (links) und Durchlicht (rechts), im Hosenbein ist der Einsatz eines ritzenden Instruments (Pinselstiel?) deutlich zu erkennen


Abb. 12

Detail des pastosen Farbauftrags im Bereich der Wasserreflexion im Auflicht (links) und Streiflicht (rechts)