Zusammenfassung/Besonderheiten
Das von Vogt in das Jahr 1903 datierte, jedoch vom Künstler selbst mit „02“ signierte Gemälde (Abb. 7) zeigt eine Landschaft mit Blick auf eine Stadt, die bislang nicht näher lokalisiert werden konnte, möglicherweise aber zur Umgebung von Weimar zählt [Vogt 1978, Kat. Nr. 293]. Das Bild entstand zu einer Zeit, in der Rohlfs als Akademie-Professor nach Weimar berufen wurde und sich erstmals mit der Malweise der französischen Pointillisten auseinandersetzte. Als Bildträger wählte er ein Gewebe, bei dem sich jeweils zwei parallel verlaufende Kett- und Schussfäden alternierend überkreuzen (Abb. 11). Diese so genannte Panamabindung ist eine Abwandlung der traditionellen Leinwandbindung und stellt dieser gegenüber eine vergleichsweise selten anzutreffende Webart textiler Bildträger zu Malzwecken dar. Aller Voraussicht nahm er selbst die Aufspannung und Grundierung des Gewebes vor. Den hellblauen Farbton der Grundierung scheint Rohlfs bereits gezielt auf seine geplante Landschaftsdarstellung abgestimmt zu haben. Auf diese Weise konnte er im Bereich des Himmels die nachfolgenden kurzen Farbpunkte und -striche locker aneinandersetzen und dabei in ökonomischer Weise den Farbton der Grundierung in die Komposition mit einbeziehen Abb. 11). In der farbigen Ausgestaltung der Landschaft kommt der helle Blauton der Grundierung durch Simultankontraste mit den überwiegend rein pigmentierten Farbaufträgen unterschiedlich zur Geltung, was ebenfalls Absicht des Künstlers gewesen sein mag (Abb. 9, 10). In der Landschaft variieren zum Bildvordergrund hin zunehmend Anordnung, Dichte und Pastosität der Farbpunkte- und striche. Interessanterweise erscheint der Farbauftrag in Formen der Darstellung, die zuvor grob mit einem Stift unterzeichnet wurden, systematischer (Abb. 9, 10). Bei Farbaufträgen, die sich überschneiden oder gar übereinander liegen, sind Durchmischungen oder zumindest Verformungen in den angetrockneten Oberflächen der Pinselstriche und -tupfen festzustellen (Abb. 8, 12). Dies weist auf eine insgesamt zügig erfolgte Ausführung des Gemäldes hin, auch wenn schon aufgrund der Malweise mehrere Arbeitssitzungen zu vermuten sind.
Christian Rohlfs
geb. am 22. November 1849 in Groß Niendorf, Segeberg,
gest. am 8. Januar 1938 in Hagen
Abb. 02
Rückseite
Abb. 03
Streiflicht
Abb. 04
Durchlicht
Abb. 05
UV-Fluoreszenz-Aufnahme
Abb. 06
Röntgenaufnahme
Abb. 07
Detail, Signatur und Datierung
Abb. 08
Schwarze Unterzeichnungslinien eines Graphitstiftes(?) in Zwischenräumen der Farbaufträge, Mikroskopaufnahme
Abb. 09
Gleichmäßig strukturierte Farbaufträge im Bereich der Hügellandschaft (leichtes Streiflicht), Mikroskopaufnahme
Abb. 10
In Größe und Anordnung variierende Farbaufträge, die sich zur Gestaltung des mittleren Heuhaufens vermehrt überdecken, Mikroskopaufnahme
Abb. 11
Detail, rechter Bildrand, an dem sich der ursprüngliche Umspann des blanken Gewebes in Panamabindung bis auf die Bildvorderseite gezogen hat
Abb. 12
Nass in nass nebeneinander und übereinander gesetzte Farbpunkte und auffallende Craquelébildung, die sich ausgehend von der Grundierung teilweise auch bis in die Malschicht fortsetzt, Mikroskopaufnahme