Zusammenfassung/Besonderheiten
Das Spargel-Still-Leben entstand auf einem feinen, vorgrundierten Gewebe, das sich als Teilstück einer bereits bemalten Leinwand größeren Formats ausweist. Dies bezeugen vom Kolorit des Still-Lebens abweichende Farbschichten, die am unteren Leinwandumschlag bis zur äußeren Schnittkante des Gewebes reichen (Abb. 6). Da nur am unteren Bildrand sowie im Bereich der rechten unteren Ecke Farbaufträge dieser Erstbemalung unterhalb der heute sichtbaren Malerei festzustellen sind, ansonsten intakte Oberflächen der hellgrauen Grundierung durchscheinen oder gar offen sichtbar sind (Abb. 7), scheint der Großteil der Fläche noch unbemalt gewesen zu sein, als Manet die Malerei des Spargelbündels in Angriff nahm.
Feine Löcher, die sich in vergleichsweise großen Abständen zwischen den Nagelungen der noch authentisch erhaltenen Aufspannung des Gewebes befinden, deuten auf eine temporäre Befestigung des offensichtlich allseitig herausgeschnittenen Teilstücks hin (Abb. 5). Diese zwischenzeitliche Befestigung, die möglicherweise auf einer starren Unterlage stattfand, kann jedoch allenfalls zur Vorplanung der Komposition gedient haben, da alle Farbaufträge nur bis zu den vorderseitigen Kanten des Rahmens reichen, also erst im Zustand der Aufspannung auf dem noch erhaltenen, originalen Keilrahmen erfolgten.
Mit Pinsel und Farbe skizzierte Manet die Form des Spargelbündels auf dem grundierten Gewebe (Abb. 8). Eine Chronologie der farbigen Ausgestaltung ist nicht festzumachen, da erste Farbaufträge im Bereich des Spargelbündels, des braunen Hintergrundes und des grünen Blattwerks ohne Überschneidung sorgfältig aneinander geführt wurden. Die braunen Farbaufträge im Hintergrund sind dünn und teilweise lasierend (Abb. 8). Im Durchlicht zeichnet sich der Duktus eines Flachpinsels sowie ggf. auch eines fächerförmigen Vertreiberpinsels ab (Abb. 3).
In der weiteren Ausführung, die durchweg nass in nass erfolgte, wurde mit größter Effizienz und Wirkung vor allem im Bereich des Spargelbündels die hellgraue Grundierung durch Aussparungen in die farbige Gestaltung miteinbezogen. Im Zusammenklang mit pastosen Pinselstrichen und –tupfen ist die Oberfläche der Spargelstangen und -köpfe greifbar nachgeahmt (Abb. 8). Erst kurz vor der Vollendung lockerten einzelne Pinselstriche die Grenzflächen farbig unterschiedlich gestalteter Bildpartien auf. Ebenfalls spät, wenn auch nicht zuletzt, wurden die Gemälderänder umlaufend mit Hilfe eines Pinselstiels o.ä. umfahren, so dass dort die helle Grundierung wieder hervor tritt (Abb. 11). Ob damit die Wirkung der Komposition überprüft oder ein heller Rahmen suggeriert werden sollte, ist unklar. Einzelne Farbaufträge, die diese ausgeschürften Ränder überlappen, bezeugen jedoch letzte Farbakzente, die diese vermutlich sehr schnell und in einem Arbeitsgang entstandene Malerei einschließlich der auf noch nassem Untergrund ausgeführten Signatur vollendeten (Abb. 4).
Edouard Manet
geb. am 23. Januar 1832 in Paris,
gest. am 30. April 1883 ebenda
Abb. 02
Rückseite
Abb. 03
Durchlichtaufnahme; deutlich sichtbar werden die zahlreichen Auslassungen der hellgrauen Grundierung (erscheinen in der Abbildung hellgelb) und dünnen Farbaufträge, An- und Absätze eines Flachpinsels im Bildhintergrund sind ebenfalls erkennbar
Abb. 04
Detail, Signatur
Abb. 05
Nagel und vermutlich von einer temporären Befestigung stammendes Einstichloch (Mikroskopaufnahme, M = 1 mm)
Abb. 06
Detail, dunkle Farbaufträge der Erstbemalung am unteren Umschlag
Abb. 07
Detail, die hellgraue Grundierung, durch Aussparungen in die farbige Gestaltung miteinbezogen
Abb. 08
Detail, pastose Farbaufträge
Abb. 09
Detail, nass in nass gearbeitete, akzentuierende Farbaufträge auf einer flächigen farbigen Anlage im Bereich des Blattwerks
Abb. 10
Farben nass in nass im Farbauftrag der Spargelspitzen (Mikroskopaufnahme, M = 1 mm)
Abb. 11
Detail, umlaufende Ausschürfungen der noch frischen Farbe im Bereich der linken oberen Ecke
Abb. 12
Detail, letzte Farbaufträge überlappen die ausgeschürften Ränder