Zusammenfassung/Besonderheiten
Das kleine Gemälde ist Teil einer Gruppe mehrerer Arbeiten Gaussons zu diesem Bildmotiv, neben der Kölner Arbeit existieren eine Zeichnung und zwei weitere Ölstudien [Hanotelle 2000, Katalognr. 12]. Hinsichtlich der Datierung bestehen Unsicherheiten: nach einer zweifachen rückseitigen Aufschrift (Abb. 9), deren Authentizität jedoch unbestimmt ist, wäre 1883 anzusetzen. Dann allerdings würde es am Beginn des Schaffens Gaussons als Maler stehen. Dem widerspricht, dass Gausson erst Mitte der 80er Jahre in der Folge Signacs begann, pointillistisch zu arbeiten. Darüber hinaus wird eine Zeichnung, die der graphischen Anlage dieser Ölstudie bis in Einzelheiten entspricht, 1885 datiert (Abb. 5).
Die Malerei ist auf einem ungrundierten Pappelholzbrett ausgeführt, das heute rotbraun erscheint, ursprünglich jedoch von sehr heller Farbigkeit gewesen ist (Abb. 6). Da die Farbschichten mit großen Auslassungen und Aussparungen aufgetragen sind, spielt die Tonalität des Bildträgers für die Farbwirkung der Darstellung eine große Rolle (Abb. 7). Daher zeigt sich das Erscheinungsbild der Tafel durch das Dunkeln des Holzes heute stark verändert.
Das Bildmotiv wurde mit Fluchtlinien und einem Fluchtpunkt exakt geplant. Innerhalb dieses Gerüstes wurde die Unterzeichnung der verschiedenen Bildelemente frei ausgeführt (Abb. 3, 4). Nach der farbig linearen Umrandung und dem flächigen Unterlegen verschiedener Bereiche wurden die verschiedenen Farbschichten stupfend nass in nass aufgetragen. Die Rahmung mit einer in pointillistischer Manier ausgeführten Inlettleiste ist nicht original.
Léo Gausson
Die Rue des Étuves in Lagny-sur-Marne, ca. 1885, Öl auf Pappelholz, 28,5 x 20,5, WRM Dep. FC 745
Léo Gausson
geb. 14. Februar 1860 in Lagny-sur-Marne,
gest. 27. Oktober 1944 ebenda
Abb. 02
Rückseite
Abb. 03
IR-Reflektogramm
Abb. 04
Kartierung der Perspektivlinien und einiger weiterer Unterzeichnungselemente im IR-Reflektogramm (rot)
Abb. 05
Bleistiftzeichnung Gaussons auf Papier im Musée Gatien-Bonnet, Lagny-sur-Marne, datiert auf 1885
Abb. 06
Fehlstellen in der Bildschicht zeigen die ursprünglich helle Farbigkeit des Pappelholzes, Mikroskopaufnahme (M = 1 mm)
Abb. 07
Detail des Farbschichtauftrags, in Auslassungen wird der gealterte rotbraune Farbton des Holzes deutlich
Abb. 08
Streiflichtaufnahme, neben dem Pinselduktus werden vor allem Schrobspuren und Ausfaserungen der Bildtafel erkennbar
Abb. 09
rückseitige Bleistiftbeschriftungen fraglicher Autorschaft
Abb. 10
Oberflächenstruktur des Farbauftrages, Mikroskopaufnahme (M = 1 mm)
Abb. 11
halbrunde Strukturen, Mikroskopaufnahme im Streiflicht (M = 1 mm)