Zusammenfassung/Besonderheiten

Das kleine Täfelchen zeigt einen Ausschnitt des bevölkerten Strandes am normannischen Küstenort Trouville-sur-Mer, ein Motiv, dem sich der Künstler um das Jahr 1881 mehrfach zuwendete [Schmit 1973, Bd. 2; Koella 2000, Kat.-Nr. 8, 15, 27]. Bei der weiß grundierten Pappelholztafel handelt es sich um kein gängiges Standardformat der Zeit. Im Werk Boudins finden sich jedoch weitere Tafeln mit annähernd gleichem Maß sowie auch in anderen einheitlichen Größen, die darauf schließen lassen, dass der Künstler bestimmte Formate schätzte und normierte [Schmit 1973, Bd. 2]. Boudin legte zunächst die Flächen von Strand, Meer und Himmel an und verarbeitete dabei die Farben vornehmlich nass in nass, wie zahlreiche Details, darunter die auf frischer Farbe aufgesetzten Schiffe, belegen (Abb. 9). Nach einer gewissen Trocknungszeit erfolgte die Ausführung der Personengruppen, deren Größenverhältnis vom Vorder- bis zum Bildhintergrund abnimmt und so die perspektivische Gestaltung der Szene bestimmt. Im Bereich der Personen wird die Farbe pastoser eingesetzt. In sehr variierenden Strichen modelliert er gekonnt die Figuren. Feine, fast lasierend eingestellte Akzente präzisieren die flotte Pinselarbeit (Abb. 6-8). Umlaufende Quetschspuren in der feuchten Farbe und kleine Druckspuren am unteren Rand deuten auf die Verwendung einer Mal- oder Transportbox hin, wie sie für die plein-air Malerei gebräuchlich war. Die Signatur erfolgte in größerem zeitlichem Abstand zur Fertigstellung der Malerei, denn die Initiale „E" liegt auf einer Fehlstelle (Abb. 5). Gleichwohl erscheint die Signatur authentisch. Möglicherweise entstand sie erst später anlässlich der Veräußerung der Tafel, die zu diesem Zeitpunkt vielleicht schon bereits Beschädigungen aufwies. Eine erhaltene Verkaufsliste aus dem Jahr 1881 verzeichnet über 60 Werke Boudins, die an den Händler und Galeristen Durand-Ruel gingen, darunter auch zwei Gemälde mit dem Titel „Trouville" [Koella 2000, S. 128]. Leider ist die Arbeit durch massive restauratorische Eingriffe in der Vergangenheit unsachgemäß gereinigt und dabei beschädigt sowie stellenweise flächig übermalt worden; etliche Feinheiten der luftigen Szene sind damit unwiederbringlich verloren (Abb. 11, 12).

Eugène Boudin
Trouville, Strandszene, 1881, Öl auf Pappelholz, 14,0 x 26,0 cm, WRM Dep. FC 735

Eugène Boudin

geb. am 12. Juli 1824 in Honfleur,
gest. am 8. August 1898 in Deauville

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Weitere Abbildungen:

Abb. 02

Rückseite, Sperrholzplatte mit Flachparkett, dunkel gebeizt


Abb. 03

Streiflicht


Abb. 04

UV-Fluoreszenz-Aufnahme


Abb. 05

Details der Bezeichnung, Datierung und Signatur, die rötlichbraune Farbe des Buchstaben &quotE&quot der Signatur verläuft über einem kleinen Ausbruch der Malschicht (rechts), Mikroskopaufnahme (M = 1 mm)


Abb. 06

Detail, malerische Ausführung der Figuren


Abb. 07

Detail, malerische Ausarbeitung der Figuren


Abb. 08

Lebhafter Pinselduktus im Bereich von Kopf und Oberkörper einer weiblichen Figur im Vordergrund, Mikroskopaufnahme (M = 1 mm)


Abb. 09

Nass in nass erfolgter Farbauftrag im Bereich der Schiffe im Bildhintergrund, Mikroskopaufnahme (M = 1 mm)


Abb. 10

Einzelne Farbaufträge haben keine gute Haftung zu den unteren Farbschichten und perlen stellenweise ab, vielleicht ein Hinweis auf eine wässrige Bindemittelkomponente, Mikroskopaufnahme (M = 1 mm)


Abb. 11

Detail mit umfangreichen Übermalungen im Bildvordergrund; die Kartierung (oben rechts) verzeichnet sämtliche Übermalungen und Retuschen des Gemäldes (Blau = helle Übermalungen, Grün = graue Übermalungen mit charakteristischer Pigmentierung, Orange = lasurartige Übermalungen)


Abb. 12

Infolge zu starker Reinigungsmaßnahmen mit Lösemittel weisen heute viele Details der Malerei deutliche Reduzierungen bzw. Verputzungen auf, Mikroskopaufnahme (M = 1 mm)