Zusammenfassung/Besonderheiten


Das großformatige Gemälde mit der Darstellung einer sonnendurchfluteten Lichtung, auf der unbekleidete Frauen im Reigen tanzen, zählt zu einem der Hauptwerke von Cross (Abb. 1). Mehr als zehn erhaltene Zeichnungen und insgesamt fünf Ölstudien sind als Vorarbeiten zu diesem Werk überliefert [COMPIN 1964, S. 272-275]. Davon sollen vier Studien auf Papier (gegenwärtiger Standort unbekannt) die Gesamtkomposition darstellen und mit blauem Stift und Bister entstanden sein. Eine dieser Zeichnungen weist laut Angaben im Werkverzeichnis ein Gitternetz auf und könnte auch wegen des mit dem Gemälde übereinstimmenden Seitenverhältnisses als Vorlage zur Übertragung gedient haben [COMPIN 1964, S. 272].

Interessanterweise sind farblich vergleichbare Zeichenmittel dieser Vorarbeiten (blauer Stift und Bister) auch bei den Markierungen und Zeichenlinien zur Anlage des Gitternetzes auf dem grundierten Trägergewebe des Gemäldes verwendet worden. Das auf blauen Strichmarkierungen an den Rändern basierende Gitternetz mit unterschiedlicher Maschenweite legte Cross mit rotbraunem Stift an (Abb. 8), nachdem vermutlich er selbst das weißgelblich vorgrundierte Gewebe mit einer zweiten reinweißen Grundierungsschicht versehen hatte. Die einzelnen Motive und Formen der Komposition umriss Cross mit einem schwarzen Stift (Abb. 3).

Die nachfolgenden Farbaufträge erfolgten zunächst dünnschichtig in schwingenden Pinselstrichen, dann durch einzelne kurze Pinselstriche oder -tupfen. In der weiteren, farbig stets wechselnden und oft korrigierenden Ausarbeitung gewinnen die Farbaufträge an Pastosität (Abb. 9, 10). Die Anordnung der einzelnen Farbtupfen oder -striche unterstreicht häufig die Form der Darstellung. Neben reinen und homogen ausgemischten Farben bezeugen einzelne Pinselstriche auch, dass Cross zwei unterschiedliche Farben so auf den Pinsel lud, dass sie sich erst im Tupfen oder Strich vermischten (Abb. 11).

Stellenweise erkennbare Tropfspuren von Farbe könnten sowohl auf den Transport zu großer Farbmengen als auch auf eine impulsive Arbeitsweise hinweisen. Matt-Glanz-Unterschiede der ungefirnissten Malschichtoberfläche machen auf einen variierenden Bindemittelgehalt der benutzten Malfarben aufmerksam. Einzelne, insbesondere blaue, Farbaufträge sind oftmals gleichermaßen durch Frühschwundrisse und ein ausgeprägtes Netz von Altersprüngen gekennzeichnet (Abb. 12). Hier wie auch in vielen anderen Bereichen ist eine mangelnde Haftung zwischen einzelnen übereinander geschichteten Farbaufträgen als auch zwischen der Mal- und Grundierungsschicht zu beobachten.

Henri Edmond Cross
Die Lichtung, 1906/07, Öl auf text. Träger, 162,0 x 130,0 cm, WRM Dep. FC 660

Henri Edmond Cross

geb. 20. Mai 1856 in Douai,
gest. 16. Mai 1910 in Saint-Clair (Var)

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Weitere Abbildungen:

Abb. 02

Rückseite


Abb. 03

IR-Reflektogramm


Abb. 04

Vorderseite mit Kartierung des Gitternetzes sowie der blauen
Stiftmarkierungen für die Befestigungspunkte der Nägel im Umspann


Abb. 05

Detail, Signatur rechts unten


Abb. 06

Detail, Papieraufkleber mit Formatkennzeichnung der Pariser Firma Bourgeois


Abb. 07

Detail, oberer Leinwandumschlag mit Grundierrand und zahnförmigen Abdrücken einer Spannzange


Abb. 08

Brauner Strich des gezeichneten Gitternetzes, Mikroskopaufnahme (M = 1 mm)


Abb. 09

Detail, Bildmitte mit dichtem Auftrag kurzer Pinselstriche


Abb. 10

Detail (wie Abb. 9), Bildmitte im Streiflicht mit zunehmend
pastosen Pinselstichen in den oberen Lagen


Abb. 11

Detail, erst im Strich vermischter Auftrag von weißer und
grüner Farbe, Mikroskopaufnahme (M = 1 mm)


Abb. 12

Riss- und Sprungbildung mit erkennbaren Verlusten in blauen Farbaufträgen, Mikroskopaufnahme (M = 1 mm)


Abb. 13

Henri Edmond Cross, Frau im Baum, (Studie zu Die
Lichtung), um 1906, Öl auf Papier auf Leinwand, H 35,1 x B 27,0 cm, WRM Dep. 854