Zusammenfassung/Besonderheiten

Im Jahre 1913, sechs Jahre nach Cézannes Tod, wurde diese Landschaft zusammen mit sieben anderen Arbeiten von Cézanne im Berliner Secessionshaus ausgestellt. Der Galerist und Verleger Paul Cassirer hatte dieses Werkvon Cézannes Kunsthändler Ambroise Vollard erworben [Rewald 1996, Vollard Photo-Archiv Nr. 302] (Abb. 5). Wie zum Teil auch durch rückseitige Beschriftungen und Aufkleber ablesbar ist, zählen Vorbesitzer wie Schriftsteller Erich Maria Remarque, Margarete Oppenheim und der Cézanne-Experte Walter Feilchenfeldt zu der illustren Provenienz des Gemäldes (Abb. 2).
Das Motiv der Ebene von Bellevue zog den Künstler immer wieder an, da seine Schwester dort ein Gehöft besaß. Zwei weitere Gemälde entstanden in den darauffolgenden Jahren [Rewald 1996, u.a. Nr. 716, 717] und erst jüngst konnte der Bezug zu einem Aquarell aus Privatbesitz hergestellt werden [Schaefer/ Saint-George/Lewerentz 2008, S. 150 f.] (Abb. 12).
Wie bei der anderen, einige Jahre zuvor entstandenen Provence-Darstellung im Bestand der Fondation Corboud im Wallraf (Dep. FC 657) nutzte der Künstler auch hier ein Gewebe in Studienqualität, die im Handel als toile étude oder toile pochade bekannt war (Abb. 6). Der weitmaschige, fragile Bildträger führte bereits früh zu einer Doublierung. Cézanne wählte das Standardformat F25, Rewald zufolge eine der häufigsten Gewebegrößen in seinem Werk [Rewald 1996, Bd. 1, S. 16].
In einer Kompositionsanlage hielt der Künstler ausführlich alle Einzelheiten vor der malerischen Ausarbeitung fest (Abb. 7). Kohle und blaue, feine Pinselzeichnung dienten ihm zur Skizzierung seines Motivs. Durch einen stark geschlossenen Farbauftrag mit feinen, zungenförmigen Haarpinseln wurden anschließend unzählige Pinselstriche in mehreren Arbeitssitzungen überaus sorgfältig, nahezu akribisch und durchdacht, aufgebracht. Diese Farbschichten decken die ersten planerischen Arbeitsschritte weitgehend ab (Abb. 10, 11). Die analytisch zerlegten Bildelemente, die dieses Werk charakterisieren, werden so in dichten Farbaufträgen miteinander verwoben (Abb. 9).

Paul Cézanne
Landschaft im Westen von Aix-en-Provence, 1885/88, Öl auf text. Träger, 65,3 x 81,5 cm, WRM 3188

Paul Cézanne

geb. 19. Januar 1839 in Aix-en-Provence,
gest. 22. Oktober 1906 ebenda

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Weitere Abbildungen:

Abb. 02

Rückseite, doubliert


Abb. 03

UV-Fluroeszenz-Aufnahme


Abb. 04

Durchlicht


Abb. 05

Detail, Transportaufkleber der Fa. Chenue, der das Gemälde in den Besitz des Kunsthändlers Cassirer verortet


Abb. 06

Detail, Streiflicht, einfache Gewebequalität


Abb. 07

Kartierung des Befundes zur Kohleunterzeichnung (rot markiert) mit Ausschnitt, Mikroskopaufnahme (M = 1 mm)


Abb. 08

Zweiter Arbeitsschritt: blaue Pinselunterzeichnung, Mikroskopaufnahme (M = 1 mm)


Abb. 09

Detail, gestaffelte und stark verdichtete Farbaufträge


Abb. 10

Detail, Korrektur durch mehrfache, übereinander geschichtete
Farbaufträge


Abb. 11

Akribische Arbeitsweise: grün-gelber, nass in nass aufgetragener Pinselstrich pointiert bereits vorhandenen Rot-Akzent, Mikroskopaufnahme (M = 1 mm)


Abb. 12

Paul Cézanne, Die Ebene von Bellevue, 1885/88, Zeichnung und Aquarell auf Papier, H 30,4 x B 47,3 cm, Privatbesitz