Zusammenfassung/Besonderheiten

Nach Aussage ihrer Tochter Julie malte Morisot dieses Bild von einem Boot aus, das in der Mitte des Hafenbeckens lag [Manet 1985, S. 82]. Nur kurz nach der Fertigstellung wurde es 1882 auf der 7. Impressionistenausstellung gezeigt.

Die handelsüblich cremefarben vorgrundierte Leinwand entspricht keinem der damaligen Standardformate. Es handelt sich um ein sehr feines Leinengewebe, das als toile fine bzw. toile extra fine vor allem bei den Pariser Akademiemalern beliebt war. Dieses im Vergleich teure und vornehme Gewebe findet sich im Œuvre Morisots des häufigeren, so dass man von einer gewissen Vorliebe sprechen darf.

Nach einer flüchtigen Anlage der Komposition mit schwarzem Stift verfestigte die Künstlerin mit dünn aufgetragenen Erdtönen die wesentlichen Formen. Bei der anschließenden Ausführung ging sie rasch vor und vollendete das Gemälde im Wesentlichen nass in nass in einem einzigen Arbeitsgang. Die von der Palette meist unvermischt aufgenommenen Farben trug sie mit unterschiedlich breiten Pinseln so auf, dass beinahe jeder einzelne Strich mit flüchtigem Duktus sichtbar blieb (Abb. 11). Trotz sukzessiven Verdichtens einzelner Farbflächen durch Farbtupfen und den für Morisot typischen Pinselstrichen im Zickzackverlauf blieben vielerorts die cremefarbene Grundierung oder aber die ockerfarbene Untermalung sichtbar.

Dass diese Leerstellen beabsichtigt waren und keinesfalls als Kennzeichen einer mangelnden Vollendung betrachtet werden können, bezeugen letzte Pinselstriche. Diese fanden erst statt, als die übrige Malerei bereits trocken war. Mit gleicher Farbe erfolgte vermutlich auch in einem Zuge die Signatur in der rechten unteren Ecke.

Berthe Morisot
Der Hafen von Nizza, 1881/82, Öl auf text. Träger, 41,4 x 55,3 cm, WRM Dep. FC 710

Berthe Morisot

geb. am 14. Januar 1841 in Bourges,
gest. am 2. März 1895 in Paris

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Weitere Abbildungen:

Abb. 02

Rückseite mit Detailansicht des Händlerstempels „P:Aprin”


Abb. 03

Streiflicht


Abb. 04

Durchlicht


Abb. 05

UV-Fluoreszenz-Aufnahme


Abb. 06

Röntgenbild


Abb. 07

Detail, Signatur


Abb. 08

Cremefarbene Grundierung, Mikroskopaufnahme (M = 1 mm)


Abb. 09

Schwarze Linie der Stiftunterzeichnung, deren Umfang in der
Gesamtabbildung mit weiß markiert ist, Mikroskopaufnahme
(M = 1 mm)


Abb. 10

Detail, Wasserfläche, Pinselduktus von flachen Borstenpinsel (hellblau) und Haar- bzw. Spitzpinsel (ockerfarbene Lasur)


Abb. 11

Detail, Bootsmasten, charakteristischer Farbauftrag


Abb. 12

Spannkante verblieb ungefirnisst, Mikroskopaufnahme (M = 1 mm)