Zusammenfassung/Besonderheiten

Für das pointilistische Gemälde Weg mit Ginster verwendete Laugé einen textilen Träger im Standardformat P 20, der nach der Aufspannung eine weiße Grundierung erhielt. Auf der Bildfläche erarbeitete der Künstler zunächst mit Kohle ein ausführliches und in seiner Gestalt bisher selten nachgewiesenes Orientierungsraster aus orthogonalen und diagonalen Linien, das mit Hilfe infraroter Strahlen deutlich sichtbar gemacht werden kann (Abb. 7-9). Geometrisch übereinstimmende Rasterungen finden sich auf vielen erhaltenen Zeichnungen Laugés [Laugé 1990, S. 73-75] (Abb. 13). In der Kunstwissenschaft sind Linienkonstruktionen dieser Art aus der Lehre und der Analyse von Bildkompositionen bekannt: so finden sich ähnliche Formen von Hilfslinien beispielsweise im zeichnerischen Werk von Claude Lorrain, Balthus oder Jan Atlink [von Saint- George/ Schaefer 2008, S. 268-269]. Im vorliegenden Fall bleibt jedoch unklar, inwiefern Laugé die Rasterung vor allem als geometrisches Ordnungsprinzip nutzte oder ihm die Linien zur Übertragung des Motivs von einer separaten, heute nicht mehr erhaltenen Vorzeichnung dienten. Etwas rätselhaft erscheint die Verwendung eines solch detaillierten Liniengerüsts angesichts der recht einfachen Bildkomposition des Landschaftsmotivs Weg mit Ginster, das zudem in keiner Partie mit den Hilfslinien zu korrespondieren scheint. Nach Anlage des Liniengerüsts skizzierte der Künstler die einzelnen Bildelemente, ebenfalls mit Kohlestift, in raschen suchenden und lockeren Linien. Anschließend wurde über die gesamte Bildfläche eine blaue, leicht transparente Untermalung aufgetragen, die dem Gemälde eine weiche, atmosphärische Grundstimmung verleiht (Abb. 9, 10). Darauf legte der Künstler die gelben und grünen Farbflächen der Felder an (Abb. 10). Danach folgte die Farbe Rosa, die häufig etwas pastoser verwendet wurde. In einem abschließenden Arbeitsgang setzte Laugé mit recht trockener Farbe vor allem Blau- und Gelbtöne auf, um einige Bereiche der Darstellung verstärkt zu strukturieren bzw. zu modulieren. Je nach Position und Funktion der Farben innerhalb der Malerei wurden die Farbflecken größer oder kleiner aufgesetzt, so dass die Perspektive der Darstellung durch die Pinselführung unterstützt wird. So ist beispielsweise der Pinselduktus im Hintergrund sehr viel kleinteiliger als im Vordergrund. Laugé arbeitete in einer Bindemittelmischung aus Wachs und Öl, die vermutlich in warmem Zustand aufgetragen wurde. Mit dem besonderen matten Charakter dieses Materials und der flirrenden Wirkung seiner divisionistischen Malweise erzielte der Künstler die Stimmung einer sonnendurchfluteten Landschaft.

Achille Laugé
Weg mit Ginster, ca. 1900, Mischtechnik (Öl, Wachs) auf text. Träger, 53,9 x 72,5 cm, WRM Dep. FC 759

Achille Laugé

geb. am 29. August 1861 in Arzens (Aude), Languedoc,
gest. am 2. Juni 1944 in Cailhau (Aude), bei Carcassonne

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Weitere Abbildungen:

Abb. 02

Rückseite


Abb. 03

Streiflicht


Abb. 04

Durchlicht


Abb. 05

UV-Fluoreszenz-Aufnahme


Abb. 06

Signatur erfolgte nach Trocknung der Farbschichten, Mikroskopaufnahmen (M = 1 mm)


Abb. 07

Infrarotreflektogramm mit der Darstellung eines Rasters aus orthogonalen und diagonalen Linien, Rekonstruktion des Liniengerüstes rechts oben in Rot


Abb. 08

Anthrazit- bis schwarzfarbene Linien des Unterzeichnungsmediums, vermutlich Kohlestift, Mikroskopaufnahmen (M = 1 mm)


Abb. 09

Detail, unter den Farbflecken ist die hellblaue Untermalung sichtbar; zudem durchläuft eine diagonale Linie des unterzeichneten Rasters die Abbildung


Abb. 10

Detail, in Chronologie des Farbauftrags erfolgte hier zunächst die hellblaue Untermalung, daraufhin der gelbe flächige Farbauftrag und anschließend die rosafarbenen, blauen und gelben Farbflecken zumeist auf trockener Malschicht


Abb. 11

Detail im Streiflicht, Oberflächenstuktur mit Pinselduktus sowie den weichen Farbverläufen, die vermutlich durch den hohen Bindemittelzusatz von Wachs erzeugt wurden


Abb. 12

Farbschichten mit wachsartigem Charakter und deutlicher Pigmentierung, Mikrokopaufnahme (M = 1 mm)


Abb. 13

Achille Laugé, Obstgarten in Alet, o.J., Kohle, Bleistift und weiße Kreide auf grauem Papier, 25 x 32 cm