Zusammenfassung/Besonderheiten

Renoir zeigt auf dem kleinformatigen Gemälde in lichten Farben eine Ansicht des südfranzösischen Örtchens Villeneuve-les-Avignon (Abb. 1, 7). Die Malerei erscheint durch die vorwiegend lasierenden und zumeist nass in nass aufgebrachten Farbaufträge auf hellem, vermutlich handelsüblich vorgrundiertem, Gewebe sehr weich, nahezu fedrig. Wahrscheinlich verwendete der Künstler für den Auftrag der Farben Haarpinsel. Diese Arbeitsweise sollte für Renoir schon nach 1875 immer wieder typisch werden und ist auch bei dem Portrait seines Sohnes Jean, entstanden um 1900 und ebenfalls im Besitz des Wallraf, gut nachzuvollziehen [WRM Dep. FC 680]. Zahlreiche Hinweise sprechen für eine authentische Überarbeitung des Gemäldes durch den Künstler selbst nach einer bereits früh erfolgten Doublierung. So sind in den Randbereichen umfangreiche malerische Überarbeitungen festzustellen, die nachweislich erst nach der schon damals vorhandenen Doublierung ausgeführt wurden. Farbaufträge, die auf einer in diesem Zusammenhang aufgebrachten umlaufenden Papierabklebung liegen, bezeugen dies (Abb. 9, 10). Die Art der malerischen Ergänzungen sowie eine vergleichbare Zusammensetzung des Farbmaterials lassen Renoir als Urheber vermuten. Obwohl für das vorliegende Gemälde die Provenienz kaum geklärt ist und es bislang fraglich bleiben muss, ob sich das Bild tatsächlich in der Obhut Durand-Ruels, Renoirs Galerist seit den 80er Jahren, befand, ist der Briefwechsel zwischen beiden Männern eine aufschlußreiche schriftliche Quelle, die Einblicke in die Praxis und Hintergründe früher Doublierungen von Gemälden Renoirs geben. So schrieb Durand-Ruel am 27.11.1912 in Paris an Renoir, „[...]Leinwände, die ich von Ihnen zurückgeholt habe, sind auf einem Keilrahmen. Gemäß Ihrem Rat, sind sie à l‘italienne doubliert worden [gemeint ist vermutlich eine Kleisterdoublierung, Anm. der Verfasserin] und auf die kleinste Größe beschnitten, damit es am Rand nichts abzudecken gibt. Trotzdem bleiben Lücken in den Ecken einiger Gemälde. Albert André hat mir gesagt, dass ich sie mit einem farbigen Lappen einreiben soll, weil es Ihre Retusche erleichtern würde, da Sie nicht auf einer ungrundierten Leinwand arbeiten mögen. Ich möchte Ihnen gerne diese zwei kleinen Gemälde schicken. In zwei Stunden können Sie sie prüfen und signieren, da es fast nichts zu tun gibt.“ [Renoir 1995, Bd. 2, S. 89, Übersetzung der Hrsg.]. So ist zu vermuten, dass Renoir dieses Gemälde, wie viele andere in den späten 90er Jahren, auf vorgrundierten Gewebestücken von der Rolle ausführte [Renoir 1995, Renoir 1931, Burnstock et al. 2005, Renoir 1962]. Häufig finden sich sogar mehrere eigenständige Studien auf einem Stück Gewebe [vgl. Renoir 1931, Tafel 31, 69, 72, 87]. Eine Doublierung fungierte unter diesen Voraussetzungen offenbar als Aufspannhilfe, um das Gemälde in einen ausstellbaren bzw. verkaufsfähigen Zustand zu bringen. Möglicherweise war es auch in diesem Fall Durand-Ruel, der die Arbeit beschneiden, doublieren und aufspannen ließ, um das Bild für eine anschließende Überarbeitung der Ränder, womöglich einschließlich der Signatur, erneut an den Künstler zu geben (Abb. 5, 9). Ein besonders auffälliges Frühschwundcraquelé, Verpressungen sowie Farbmaterial, das durch das Rissnetz nach oben gedrungen ist, können Beleg für diesen frühen Eingriff bei einer noch nicht gänzlich getrockneten Malerei sein (Abb. 11, 12).

Auguste Renoir
Villeneuve-les-Avignon, 1901, Öl auf text. Träger, 33 x 53,5 cm, WRM Dep. FC 791

Auguste Renoir

geb. am 25. Februar 1841 in Limoges,
gest. am 3. Dezember 1919 in Cagnes

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Weitere Abbildungen:

Abb. 02

Rückseite, doubliert


Abb. 03

Streiflicht


Abb. 04

UV-Fluoreszenz-Aufnahme


Abb. 05

Detail, Signatur im Auflicht und unter UV-Anregung (unten), spätere Überarbeitung mit schwarzer Farbe wird bei mikroskopischer Betrachtung erkennbar (Pfeile), Mikroskopaufnahme (M = 1 mm)


Abb. 06

Detail, orange-rosafarbiges Pentiment ist sichtbar (Pfeile)


Abb. 07

Detail, Stadtansicht


Abb. 08

Verwendung von Schwarz, Mikroskopaufnahme (M = 1 mm)


Abb. 09

Detail, oberer Randbereich zeigt ursprünglichen Malrand (Pfeile) mit erfolgten eigenhändigen Überarbeitungen


Abb. 10

Details, oberer Randbereich in Auflicht und unter UV-Anregung (unten), die farbigen Überarbeitungen der Randbereiche erfolgten nach der Doublierung und Kantenabklebung (Pfeile)


Abb. 11

Durch das Frühschwundrissnetzgefüge gedrungenes Farb- oder Grundierungsmaterial unterliegender Schichten, Mikroskopaufnahme (M = 1 mm)


Abb. 12

Farb- und Grundierungsschicht wurde durch die Doublierung partiell verpresst, aufgerissen und verrutschte sogar (Pfeile), Mikroskopaufnahme (M = 1 mm)