Zusammenfassung/Besonderheiten

Von Signacs lebenslanger Leidenschaft für Segelboote zeugt das Motiv seines Gemäldes Der Hafen von Concarneau, das 1933 – zwei Jahre vor seinem Tod – entstand (Abb. 1). Strichmarkierungen auf dem linken Gewebeumschlag und zahlreiche feine Einstichlöcher innerhalb der blauen Motivumrandung legen nahe, dass Signac ein nicht mehr genau zu rekonstruierendes Rasternetz nutzte, um die Komposition von einer Vorlage zu übertragen (Abb. 7, 10). Als Vorlage käme eine im Werkverzeichnis erwähnte, diesem Gemälde eng verwandte, Tuschezeichnung gleichen Formats aus unbekanntem Privatbesitz [Cachin/Ferretti-Bocquillon 2000, S. 340] in Frage. Die einzelnen Formen der Darstellungen wurden zunächst mit einem schwarzen Stift umrissen und nachfolgend durch eine blaue Pinselzeichnung mit strichelnder Linienführung verstärkt (Abb. 8). Erst dann folgte der in vielen Bereichen streifig in Erscheinung tretende Auftrag einer reinweißen Farbschicht, die größtenteils die blauen Pinsellinien auszusparen versuchte. Allem Anschein nach führte Signac diesen Farbauftrag aus Unzufriedenheit mit dem gebrochenen Weißton des vorgrundierten Gewebes aus (Abb. 5, 9, 10). In der farbigen Ausarbeitung dominieren kurze Pinselstiche mit wechselnder Auftragsrichtung. Während die horizontal ausgerichteten Farbstriche im Himmel vorzugsweise aus mit Weiß aufgehellten Blautönen bestehen, weisen die gleich ausgerichteten Farbaufträge im Wasser durch Spiegelungen der Boote und Segel eine allgemein intensivere und bunt wechselnde Farbigkeit auf (Abb. 11). Mit leuchtendem, zuweilen rein pigmentiertem Farbmaterial gestaltete Signac die Rümpfe und Segel der dargestellten Boote. Die Konsistenz der Farben variiert hier und reicht von dünnen halbtransparenten über deckenden bis hin zu pastosen Aufträgen (Abb. 12). In einem letzten Arbeitsschritt umrandete er die vertikalen und diagonalen Pinselstriche zuweilen mit blauer Farbe (Abb. 11). In gleicher Weise verstärkte er vielfach auch die einzelnen blauen Konturen der ersten zeichnerischen Bildanlage.

Paul Signac
Der Hafen von Concarneau, 1933, Öl auf text. Träger, 53,0 x 73,5 cm, WRM Dep. FC 656

Paul Signac

geb. am 11. November 1863 in Paris,
gest. am 15. August 1935 ebenda

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Weitere Abbildungen:

Abb. 02

Rückseite


Abb. 03

Streiflicht


Abb. 04

UV-Fluoreszenz-Aufnahme


Abb. 05

Detail, Signatur und rechter Bildrand mit blauer Konturierung der bemalten Bildfläche


Abb. 06

Detail, Firmenstempel auf der Geweberückseite


Abb. 07

Detail, linker Gewebeumspann, der bis auf die Rückseite des Keilrahmens reicht und schwarze Strichmarkierungen aufweist


Abb. 08

Blaue Pinsellinien zur Anlage der Bildkomposition, Mikroskopaufnahme (M = 1 mm)


Abb. 09

Blaue Pinselkontur über schwarzer Stiftlinie am linken Bildrand, links davon ist das gewerbsmäßig vorgrundierte Gewebes sichtbar, rechts der streifige reinweiße Farbauftrag mit der Funktion einer zweiten Grundierung, Mikroskopaufnahme (M = 1 mm)


Abb. 10

Detail, blaue Kontur am rechten Bildrand mit sichtbarem Einstichloch unterhalb der Linie (Pfeil)


Abb. 11

Detail, Farbvielfalt im Bereich der Bootsrümpfe und Segel, blaue Konturen verstärken abschließend die Zellstruktur einzelner Pinselstriche


Abb. 12

Detail, Wechsel zwischen glatten und pastosen Farbaufträgen prägen die Gemäldeoberfläche (Streiflicht)