Zusammenfassung/Besonderheiten

Das zunächst nur provisorisch und vermutlich auf einer festen Unterlage fixierte Gewebe wurde wahrscheinlich vom Maler selbst ohne Vorleimung sehr dünn weiß grundiert. Den zu grundierenden und dann auch zu bemalenden Bereich hatte Petitjean zuvor durch eine dunkle Umrandung gekennzeichnet (Abb. 8). Auf die Grundierung trug er in der unteren Bildhälfte zunächst ein relativ großmaschiges, nicht ganz regelmäßiges Gitternetz auf und übertrug darin die Darstellung in einfachen Konturlinien mit einem tiefschwarzen Stift (Abb. 9). Die Verwendung eines Gitternetzes spricht für eine unabhängige Vorlage in Form einer Vorzeichnung oder Fotografie. Bemerkenswerterweise begann Petitjean bei der farbigen Ausarbeitung der pointillistischen Darstellung mit dem Auftrag partieller, flächiger Untermalungen im jeweiligen lokalen Farbton (Abb. 11). Im weiteren Schaffensprozess arbeitete er tendenziell von helleren zu dunkleren und von kühleren zu wärmeren Farbtönen. Die verschiedenen Farbtöne wurden übergreifend zu unterschiedlichen Zeitpunkten im Malprozess eingesetzt. Mit einem ersten stupfenden Auftrag füllte der Maler in einem Grundfarbton locker die Flächen. Dabei setzte er die gestupften Umrisse entlang gezeichneter Konturlinen, welche er erst in einem weiteren Arbeitsschritt mit Malfarbe abdeckte. Die dominanten Gitternetzlinien im Bereich des Wassers kaschierte er bereits nach den ersten dunkelblauen Aufträgen mit Hellblau und in einem heute gebrochenen Weiß, wie auch die UV-Fluoreszenz- Anregung zeigt (Abb. 5). In diesem Fall wartete er die Trocknung der Farben nicht ab, sondern setzte die nachfolgenden Farbtöne nass in nass darüber. Die Malfarben wurden in der Regel rein verwendet, Ausmischungen sind nur mit Weiß und Schwarz festzustellen. Bereiche, in denen die Farbtupfer klar abgegrenzt auf- und nebeneinander liegen wechseln sich ab mit solchen, in denen sie nass in nass gesetzt sind. Im Bereich des Vordergrundes, der Wasserspiegelungen der Hausboote links und des Bootes rechts sind verschiedene Korrekturen bzw. Unsicherheiten im Zuges des Malprozesses festzustellen (Abb. 12). Hier liegen die Farbaufträge in mehreren Schichten geschlossener, zum Teil nicht aufgetupft, sondern gestrichen und häufig nass in nass übereinander. Im Bereich der Wasserspiegelungen der Hausboote hat der Maler bereits aufgestupfte Farbaufträge flächig wieder abgenommen, um diesen Bereich dann neu zu gestalten.

Hippolyte Petitjean
Die Brücke, ca. 1890, Öl auf text. Träger, 65,7 x 100,5 cm, WRM Dep. 816

Hippolyte Petitjean

geb. am 11. September 1854 in Mâcon,
gest. am 17. September 1929 in Paris

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Weitere Abbildungen:

Abb. 02

Rückseite


Abb. 03

Streiflicht


Abb. 04

Durchlicht


Abb. 05

UV-Fluoreszenz-Aufnahme


Abb. 06

IR-Reflektogramm mit Kartierung der sichtbaren Gitternetz- und Unterzeichnungslinien


Abb. 07

Detail, Signatur


Abb. 08

Bildfeldumrandung, Mikroskopaufnahme (M = 1 mm)


Abb. 09

Unterzeichnungslinien mit schwarzem Stift, Mikroskopaufnahme
(M = 1 mm)


Abb. 10

Detail, eigenhändig abgedeckte Gitternetzlinien durch hellblaue Farbaufträge (Pfeile)


Abb. 11

Rosafarbene, partielle Untermalungsschicht, gefolgt von gelben und weißen Farbaufträgen, Mikroskopaufnahme (M = 1 mm)


Abb. 12

Detail, Pentiment, mittelblaue Farbaufträge wurden abgedeckt (Pfeile)