Zusammenfassung/Besonderheiten

Das Gemälde entstand im ungefähr sechs Kilometer von Paris entfernten Städtchen Villeneuve-la- Garenne, unverkennbar anhand der dargestellten Brücke, die Morisot 1880 noch in einem vergleichbaren Werk Pont sur la Seine festhielt [Morisot 2002, S. 197-198; Clairet, Montalant 1997, CMR 93]. Mary Cassatt, Künstlerkollegin und Freundin Morisots, war die erste Besitzerin des Bildes, das ein gesamtes Jahrhundert bis 1984 im Familienbesitz Cassatt und Stewart verblieb. Dies ist vermutlich auch der Grund warum das Gemälde im ersten Werkverzeichnis Morisots von 1961 [Bataille/Wildenstein 1961] keine Erwähnung fand, sondern erst in der Neubearbeitung von 1997 [Clairet Montalant 1997, CMR 84].

Das Gemälde entstand auf einem sehr feinen, handelsüblich weiß vorgrundiertem Gewebe, wie es im Werk Morisots häufig anzutreffen ist [vgl. Morisot, WRM FC 710 und 602]. Die genaue Aufspannung des Bildes ist aufgrund weitreichender Restaurierungseingriffe am Bildträger nicht mehr genau nachzuvollziehen, jedoch gibt es Anhaltspunkte, die kurioserweise auf eine Befestigung innerhalb der Bildfläche hindeuten (Abb. 5, 6). Die Unterzeichnung des Bildes erfolgte vermutlich in zwei Stadien. Bei mikroskopischer Untersuchung finden sich partielle Häufungen von in der Farbe eingebetteten schwarzen, kohleartigen Partikel, die sich zwar nicht mehr zu einer konkreten Linie rekonstruieren lassen, aber auf den Gebrauch eines Kohlestiftes für die erste Bildanlage hinweisen könnten (Abb. 8). Es liegt nahe, dass die ungebundenen Kohlepartikel mit den nachfolgenden Farbaufträgen verwischt wurden und diffus in die Malschicht eingebettet worden sind. Auf diese vermutlich erste zeichnerische Anlage folgte eine flüchtige, stellenweise lasierende Pinselzeichnung mit schwarzer Farbe (Abb. 9).

Die anschließenden Farbaufträge sind ebenfalls vorwiegend lasierend, nass in nass vermalt mit deutlichen Auslassungen bis auf darunter liegenden Schichten (Abb. 10). Im Gegensatz dazu wurden die weiß ausgemischten Partien der Häuserzeile und des Himmels dichter und pastoser angelegt (Abb. 4). Innerhalb des Schaffensprozesses lassen sich verschiedene, eher geringfügige Veränderungen ablesen, darunter farbliche Korrekturen, aber auch eine partielle mechanische Reduktion bereits aufgetragener Farbschichten wie beispielsweise in den hellblauen Lichtreflexen der Wasserfläche (Abb. 12). Erst nachträglich folgte die Signatur mit lasierend grüner Farbe auf die bereits getrocknete und vermutlich durch Handhabung und Lagerung beriebene Farbschicht (Abb. 7).

Berthe Morisot
Boote auf der Seine, ca. 1879/80, Öl auf text. Träger, 27,0 x 51,9 cm, WRM Dep. FC 615

Berthe Morisot

geb. am 14. Januar 1841 in Bourges,
gest. am 2. März 1895 in Paris

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Weitere Abbildungen:

Abb. 02

Rückseite


Abb. 03

Streiflicht


Abb. 04

Durchlicht


Abb. 05

UV-Fluoreszenz-Aufnahme


Abb. 06

Röntgenbild


Abb. 07

Detail, Signatur


Abb. 08

feine Holzkohlepartikel weisen auf eine erste Unterzeichnung mit einem Kohlestift hin, Mikroskopaufnahme (M = 1 mm)


Abb. 09

Schwarze Linie der Pinselunterzeichnung in der rechten
Uferböschung, Mikroskopaufnahme (M = 1 mm)


Abb. 10

Nass in nass vermalte Farbaufträge im Bereich der Brücke,
Mikroskopaufnahme (M = 1 mm)


Abb. 11

Detail, Häuserzeile, Korrekturen im Bereich des Daches


Abb. 12

Detail, Wasserfläche, partielle Reduktion der hellblauen Farbaufträge im noch nassen oder gerade angetrockneten
Zustand