Zusammenfassung/Besonderheiten

Bazille malte die Studie mit der Darstellung einer jungen Frau inmitten von Weinreben der Signatur zufolge im Jahr 1869 in Montpellier, seinem Heimatort. Im gleichen Jahr entstand die zweiteilige Arbeit Études pour une vendange (Studien für eine Weinernte) mit ähnlichem Sujet und Kolorit [Schulmann 1995, S. 197, Kat.No. 54]. Die kleinformatige Skizze führte Bazille auf einer kommerziell zubereiteten, weiß grundierten Malpappe aus. Der Bildträger mit abgerundeten Ecken im Standardformat F5 ist rückseitig mit der Format-Ziffer gestempelt (Abb. 2). Die Farbaufträge füllen nicht die gesamte Fläche des Bildträgers, sondern laufen zu den Ecken hin aus. Die elementare Funktion der hellen Grundierung für die Licht- und Farbwirkung unterstreicht der Künstler durch zahlreiche Auslassungen zwischen den Farbaufträgen. Darüber hinaus kratzt er gleich an zwei Stellen kleinere Bereiche offenbar zu dicht geratener Farbaufträge im Bildvordergrund bis auf die Grundierung wieder frei (Abb. 10). Der allenorts überaus deutliche und sehr variationsreiche Pinselduktus der durchweg nass in nass vermalten Farben erlaubt Rückschlüsse auf eine pastenartige, zähe Konsistenz des Malmaterials (Abb. 7-9). Fraglich bleibt, ob die Standfestigkeit und das offenbar schnelle Antrocknen der Farben auf die Zugabe eines Sikkativs zurückzuführen ist, oder ob es sich um das zwangsläufige Resultat einer Arbeit, vermutlich ausgeführt en plein air, bei hohen Temperaturen im heißen Süden Frankreichs handelt. Lediglich die Signatur scheint abschließend auf die bereits durchgetrocknete Malerei aufgesetzt zu sein (Abb. 5).

Frédéric Bazille
Junge Frau zwischen Weinstöcken, 1869, Öl auf Malpappe, 27,0 x 34,9 cm, WRM Dep. 811

Frédéric Bazille

geb. 6. Oktober 1841 in Montpellier,
gest. 29. Oktober 1870 bei Beaune-la-Rolande

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Weitere Abbildungen:

Abb. 02

Rückseite mit Formatstempel


Abb. 03

UV-Fluoreszenz-Aufnahme


Abb. 04

Detail, Signatur und Datierung, partiell abgetönt durch
helle Lasur, vermutlich von fremder Hand, Mikroskopaufnahme (M = 1 mm)


Abb. 05

Bildträger Malpappe, unterer Rand, Seitenansicht, Mikroskopaufnahme (M = 1 mm)


Abb. 06

Gebrochen weiße Grundierung mit erkennbarer Pigmentierung,
Mikroskopaufnahme (M = 1 mm)


Abb. 07

Detail, lebhafte Oberflächenstruktur im Streiflicht


Abb. 08

Detail, variationsreicher Pinselduktus


Abb. 09

Nass in nass vermalte Farbaufträge der sehr festen, schnell anziehenden Malfarbe, Mikroskopaufnahme (M = 1 mm)


Abb. 10

Detail, partiell abgekratzte braune Farbe, um die helle Grundierung stärker in die Farbwirkung einzubeziehen,
Mikroskopaufnahme (M = 1 mm)


Abb. 11

Detail, grüne Farbaufträge, basierend auf Ausmischungen mit nur einem Grünpigment, laut VIS-Spektrometrie Chromoxidhydratgrün


Abb. 12

Helle Ausblühungen auf Grün, Mikroskopaufnahme (M = 1 mm)